Vollformat vs. APSC
In der Fotografie gibt es viele Vorurteile, die die Wahl zwischen Vollformat und APSC beeinflussen. Einige gängige Annahmen sind: “Vollformat ist immer besser”, “APSC ist nur für Anfänger und Hobbyfotografen”, “Vollformat bietet die beste Bildqualität” und “APSC-Kameras sind günstiger, aber weniger leistungsfähig”. Diese Vorurteile führen oft zu Verwirrung und Fehlentscheidungen bei der Wahl der richtigen Kamera. In diesem Artikel wollen wir diese Mythen aufklären und die tatsächlichen Vor- und Nachteile beider Systeme beleuchten, um dir eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.
Technische Spezifikationen: Sensorgröße und Bildqualität
Sensorgröße
Der Hauptunterschied zwischen Vollformat- und APSC-Kameras liegt in der Sensorgröße. Vollformatsensoren messen typischerweise 36 x 24 mm und leiten ihren Namen vom klassischen 35mm-Kleinbildfilmformat ab, das seit den späten 1800er Jahren in der Fotografie und im Kino verwendet wird. APSC-Sensoren hingegen sind kleiner und messen etwa 22,2 x 14,8 mm, was ungefähr einem Einzelbild des APS-C-Films entspricht, der in den 1990er Jahren eingeführt wurde.
Diese Unterschiede in der Sensorgröße beeinflussen den Bildausschnitt. APSC-Sensoren haben einen “Crop-Faktor” (von 1,5 bzw. 1,6), der das Bild bei gleicher Brennweite enger erscheinen lässt. Das ist vorteilhaft für die Wildlife- oder Sportfotografie, da der kleinere Sensor eine größere Reichweite ohne den Einsatz von längeren Objektiven ermöglicht. Allerdings kann dieser Crop-Faktor bei Weitwinkelaufnahmen einschränkend sein, da der Bildwinkel reduziert wird.
Bildqualität
Die Bildqualität einer Kamera wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wobei die Pixelgröße und die Sensortechnologie eine zentrale Rolle spielen. Größere Pixel können mehr Licht einfangen, was bei schlechten Lichtverhältnissen zu weniger Bildrauschen und einer besseren Bildqualität führt. Vollformatsensoren haben typischerweise größere Pixel als APSC-Sensoren, was ihnen einen Vorteil bei Low-Light-Aufnahmen verschafft.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die Auflösung der Sensoren. Hochauflösende Vollformatkameras haben oft eine höhere Pixeldichte, ähnlich wie APSC-Kameras mit moderater Auflösung. Das bedeutet, dass die Low-Light-Performance zwischen einer hochauflösenden Vollformatkamera und einer APSC-Kamera mit ähnlicher Pixeldichte vergleichbar sein kann. In solchen Fällen sind die Unterschiede in der Bildqualität oft weniger ausgeprägt, als man vielleicht erwarten würde.
Zusätzlich spielt die Art des Sensors eine Rolle. Stacked-Sensoren bieten schnellere Auslesezeiten und reduzieren Bildrauschen, was zu einer verbesserten Bildqualität führt. Diese Technologie kann einen signifikanten Einfluss haben, unabhängig von der Sensorgröße.
Freistellung
Die Freistellung, also die Fähigkeit, das Hauptmotiv vom Hintergrund zu isolieren, wird durch mehrere Faktoren bestimmt:
- Brennweite: Längere Brennweiten reduzieren die Schärfentiefe, was zu einer stärkeren Freistellung führt.
- Blendenöffnung: Größere Blenden (niedrigere f-Zahlen) erzeugen eine geringere Schärfentiefe, wodurch der Hintergrund unschärfer wird und die Freistellung verbessert wird.
- Entfernung zum Motiv: Eine kürzere Distanz zum Motiv verringert die Schärfentiefe und verstärkt die Freistellung.
- Pixelgröße und Pixeldichte: Kleinere Pixel und höhere Pixeldichte führen tendenziell zu einer kleineren Schärfentiefe, was die Freistellung erhöht. In der Praxis spielt dieser Faktor allerdings eine untergeordnete Rolle.
Um den Einfluss von Pixelgröße und -dichte zu verstehen, musst du verstehen, wie die Schärfe in der Fotografie definiert ist.
In der Fotografie wird Schärfe durch die Fähigkeit des Objektivs definiert, Lichtstrahlen genau auf einen Punkt auf dem Sensor zu fokussieren. Die Schärfentiefe, also der Bereich, der als scharf wahrgenommen wird, wird durch den akzeptablen Zerstreuungskreis bestimmt. Dieser Kreis ist der größte Durchmesser eines unscharfen Punktes, der noch als scharf wahrgenommen wird. Ein üblicher Maßstab für den Zerstreuungskreis ist etwa 1/1500 bis 1/2000 der Sensordiagonale. Ein Bild wird als scharf betrachtet, wenn die Zerstreuungskreise innerhalb dieses Toleranzbereichs liegen. Moderne Sensoren lösen Bilder allerdings höher auf. Je kleiner die Sensel sind, desto kleiner muss auch der Streuungskreis sein, damit das Bild als scharf wahrgenommen wird. Ein Sensel ist das kleinste lichtempfindliche Element auf einem digitalen Bildsensor, das ein einzelnes Pixel eines digitalen Bildes erfasst. Da APSC-Sensoren oft kleine Sensel haben, verursachen diese eine kleinere Schärfentiefe.
Ein wichtiger Aspekt bei APSC-Kameras ist der Crop-Faktor, der in der Regel bei 1,5 liegt. Um die Freistellungseffekte zwischen APSC- und Vollformat-Kameras zu vergleichen, multipliziert man die Blende des APSC-Objektivs mit dem Crop-Faktor. Ein 12mm f/2 Objektiv auf einer APSC-Kamera hat daher eine äquivalente Blende von f/3 auf einer Vollformatkamera (f/2 x 1,5 = f/3). Dies bedeutet, dass ein 12mm f/2 Objektiv auf APSC eine ähnliche Freistellung und Bildwirkung wie ein 18mm f/3 Objektiv auf Vollformat erzeugt.
Während Vollformatkameras oft eine stärkere Freistellung bieten, kann man durch die richtige Kombination von Objektiv und Blende auch mit APSC-Kameras beeindruckende Ergebnisse erzielen. Verwendest du bpsw. ein 56mm f1.4 Objektiv offenblendig an einer APSC-Kamera wirst du ein sehr ähliches Ergebnis erhalten, wie mit einem 85mm f1.8 Objektiv offenblendig an einer Vollformatkamera.
Objektive
Wenn Vollformat- und APSC-Kameras denselben Objektivanschluss (Mount) haben, können Vollformat-Objektive problemlos an APSC-Kameras verwendet werden. Da Vollformat-Objektive einen größeren Bildkreis abdecken, treten keine Probleme auf. Umgekehrt ist dies jedoch nicht der Fall: APSC-Objektive sind für den kleineren APSC-Sensor optimiert. Bei der Verwendung eines APSC-Objektivs an einer Vollformatkamera kann es zu Vignettierung kommen, da der kleinere Bildkreis des Objektivs den Vollformatsensor nicht vollständig abdeckt. Diese Vignettierung kann zu einem dunklen Rand um das Bild führen, was besonders bei offener Blende auffällig ist.
Vorteile der Vollformatkamera
Vollformatkameras bieten mehrere wesentliche Vorteile, die sie besonders attraktiv für professionelle Fotografen machen:
1. Ergonomie und Bedienung:
- Viele Vollformatkameras sind auf professionelle Nutzung ausgelegt. Sie haben teilweise mehr Tasten, die eine schnellere Bedienung ermöglichen, teils größere Akkus und Displays. Das erleichtert die Handhabung der Kamera und eine schnelle Einstellung der Kamera.
- Vollformatkameras sind meist größer als APSC-Kameras und bieten eine bessere Haptik.
2. Vielfalt und Spezialisierung:
- Es gibt eine breite Palette von Vollformatkameras, die auf spezifische Bedürfnisse zugeschnitten sind, z.B. Sportfotografie, hochauflösende Aufnahmen oder Videoaufnahmen.
- Diese Kameras bieten spezielle Funktionen, die in APSC-Kameras seltener zu finden sind.
3. Langlebigkeit und Zuverlässigkeit:
- Vollformatkameras sind oft robuster gebaut und für den langfristigen Einsatz konzipiert. Sie bieten häufig eine bessere Abdichtung gegen Staub und Feuchtigkeit.
4. Bildqualität und Sensorleistung:
- Vollformatkameras haben größere Sensoren, die oft eine bessere Leistung bei schlechten Lichtverhältnissen bieten, weniger Bildrauschen und einen größeren Dynamikumfang.
- Sie ermöglichen eine stärkere Freistellung des Motivs durch geringere Schärfentiefe.
5. Spezielle Anwendungsbereiche:
- Hybridmodelle, die sowohl für Fotografie als auch für Videoaufnahmen geeignet sind, neigen weniger zur Überhitzung als APSC-Modelle.
- Vollformatkameras bieten teils Optionen für sehr hohe Auflösungen, die für großformatige Drucke erforderlich sind.
Diese Vorteile machen Vollformatkameras zu einer bevorzugten Wahl für Profis, aber auch ambitionierte Hobbyfotografen können von diesen Eigenschaften profitieren.
Vorteile der APSC-Kamera
APSC-Kameras bieten eine Reihe von Vorteilen, die sie zu einer attraktiven Wahl für viele Fotografen machen:
1. Kompakte Größe und geringes Gewicht:
- APSC-Kameras sind in der Regel kleiner und leichter als Vollformatkameras, was sie ideal für Reisen und den täglichen Gebrauch macht.
2. Breitere Objektivauswahl und kostengünstigere Optionen:
- Es gibt eine große Auswahl an APSC-Objektiven, die oft günstiger sind als ihre Vollformat-Pendants.
- Die geringeren Kosten ermöglichen es Fotografen, eine breitere Palette von Objektiven für verschiedene Situationen zu erwerben.
3. Vorteil des Crop-Faktors:
- Der Crop-Faktor von etwa 1,5 bei APSC-Kameras kann in der Sport- und Tierfotografie vorteilhaft sein, da er effektiv die Reichweite von Teleobjektiven erhöht (auch wenn sich die Brennweite physisch nicht verändert).
- Dies führt zu einem kleineren Bildausschnitt ohne zusätzliche Kosten für längere Brennweiten.
4. Preis-Leistungs-Verhältnis:
- APSC-Kameras bieten oft ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis, was sie besonders attraktiv für Einsteiger und Hobbyfotografen macht.
- Sie bieten viele moderne Funktionen und Technologien zu einem erschwinglicheren Preis.
Diese Vorteile machen APSC-Kameras zu einer ausgezeichneten Wahl für Fotografen, die nach einer vielseitigen und kostengünstigen Lösung suchen.
Fazit
Wie bereits in meinen anderen Blogartikeln zur Kamerawahl und Objektivsuche betont, hängt die Entscheidung für APSC oder Vollformat stark von deinen individuellen Bedürfnissen ab. Es lässt sich nicht pauschal sagen, welches System besser ist, da es Vollformatkameras für Anfänger und APSC-Kameras für Profis gibt. Beide Systeme bieten eine breite Palette von Modellen, von hochauflösenden APSC-Kameras bis zu geringer auflösenden Vollformatkameras. Wichtig ist, dass du deine Anforderungen genau kennst, um die richtige Wahl zu treffen. Vorurteile, dass APSC grundsätzlich schlechter sei, sind unbegründet und müssen von Kamera zu Kamera geprüft werden. Am Ende kommt es vor allem darauf an, wie gut du fotografieren kannst und verstehst, wie Kontraste, Licht und Bildaufbau funktionieren. Wenn du mehr darüber lernen möchtest, findest du hier weitere Informationen.